Kunst & Gut

Meet & Piep: Da lachen ja die Hühner!

Die Vogeltapete von Schloss Weesenstein

Dr. Birgit Finger /

Eine Detailaufnahme der Weesensteiner Tapete zeigt ein farbenfrohes Huhn
Zu den kuriosesten Bewohnern auf Schloss Weesenstein gehören zahllose Hühner, die sich auf einer kostbaren chinesischen Tapete aus Reispapier tummeln. Museologin Birgit Finger beschreibt, wie es dazu kam.

Diese Vögel sind gedruckt. Zwar machen sie keinen Dreck, aber Arbeit machen sie trotzdem. Weil sie schon fast 300 Jahre alt sind, müssen sie in einer aufwändigen Prozedur restauriert werden. Die Vögel findet man in einem der zahlreichen Zimmer des Schlosses auf einer chinesischen Tapete. Die Motive – neben den Vögeln sind es exotische Schmetterlinge und Pflanzen − sind auf Reispapier gedruckt und anschließend mit Aquarellfarben per Hand gemalt worden.

Auf das Huhn gekommen

Den Namen „Vogeltapete“ gaben der kostbaren Wandbespannung die Hühner: Hennen und Hähne. Zunächst erscheint ihr Motiv auf einer kostbaren Wandbespannung etwas ungewöhnlich, aber Hühner zählen zu den ältesten und beliebtesten Haustieren auf der ganzen Welt. Auch in Deutschland kommen sie gerade privat wieder in Mode.

 

Viele Redewendungen rund um das Huhn und seine Eier weisen auf die Bedeutung dieses Vogels hin: „Da lachen ja die Hühner“, „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“ oder „Man soll nicht alle Eier in einen Korb legen“ sind genauso bekannt wie der Spruch, dass „man mit jemandem noch ein Hühnchen rupfen muss!“. „Er steht mit den Hühnern auf“ sagt man beispielsweise zu einem Frühaufsteher.

Import aus China

Nicht nur die Tapete, sondern auch das Huhn stammt aus China. Die wildlebende Stammform unseres Haushuhns ist das Bankivahuhn. In Südostasien fand man 8.000 Jahre alte Hühnerknochen! In Europa ist das Huhn erst seit den Römern bekannt, die es für die Fleisch- und Eierproduktion züchteten.

 

Doch zurück zu den Tapeten. Diese waren in China selbst nicht gebräuchlich. Sie wurden speziell für den europäischen Markt hergestellt und an den Geschmack der vornehmen Käufer angepasst.

Spannende Geschichten

Die wertvolle Wandverkleidung im Schloss Weesenstein stammt aus dem 18. Jahrhundert. Sie entsprach dem Zeitgeschmack und dem Traum von einer exotischen Welt und kennzeichnet den Raum als ehemaliges Gesellschaftszimmer. Möglicherweise erwarb der umtriebige Besitzer des Schlosses, Johann Jacob von Uckermann der Ältere, sie im Rahmen seiner Handelstätigkeit in London. Auch die teilweise freigelegten Wandmalereien auf dem Sockel, in den Fenster- und Türgewänden und an den Wänden zeigen  ostasiatische Bauwerke und Alltagsszenen, sogenannte Chinoiserien.

Eine fremde Welt

Bereits Ende des 17. Jahrhunderts hatte die Chinamode in ganz Europa Einzug in Schlösser und Gärten gefunden. Chinesisch anmutende Malereien auf Porzellanen, Seide oder Lackmöbeln dienten seitdem als Vorbilder exotischer Dekorationen. Chinesische Papier- oder Seidentapeten galten als luxuriöser Wandschmuck, dessen fremde bunte Bilder einen Hauch der fernöstlichen Atmosphäre vermittelten.

 

Die Bedeutung der einzelnen Motive auf der Tapete erschließt sich durch einen Blick auf die chinesische Symbolik. Die Blumen- und Tiermalereien versinnbildlichen Glückwünsche für ein langes Leben, Glück, Ansehen, Reichtum und erfüllte Liebe. Lilien, Chrysanthemen und Granatäpfel kann man in ihrer gut erhaltenen Farbigkeit erkennen. Die im knorrigen Geäst der Bäume mit Pfingstrosen und auf den Felsen sitzenden, sehr realistisch dargestellten Hühner symbolisieren vor allem Fruchtbarkeit.

Museologin Birgit Finger freut sich über das bunte Treiben an den Wänden von Schloss Weesentein. Besonders froh ist sie aber darüber, dass die Hühner keinen Dreck machen.

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Letzte Änderung: 24.01.2020

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