Histories

Skelett unterm Fußboden Teil 4

Claudia Fiebach /

Foto eines Skeletts
Es ist schon eine Weile her, dass die Schlagzeile "Skelett unterm Fußboden" im Sächsischen Tageblatt veröffentlicht wurde. Nichtsdestotrotz beschäftigt sie uns noch heute. In einer losen Serie berichten wir in unserem Blog von diesem Fund, den Rätseln darum und den möglichen Antworten.

Rückschau

In den Blogbeiträgen Teil eins, zwei und drei wurde schon ein wenig über den Skelettfund auf der Burg Mildenstein berichtet und Informationen zusammengetragen. So haben wir erfahren, dass die menschlichen Überreste in den 1960er Jahren bei Fußbodenarbeiten in der Burgkapelle entdeckt worden sind. Mittig der Nordwand, wenige Zentimeter unter dem Fußboden, kamen Skelettteile zum Vorschein. Grabbeigaben, Reste eines Grabes oder Textilien waren keine vorhanden.

Bis vor einigen Jahren sind wir davon ausgegangen, dass es sich um weibliche Überreste handelt. Durch beiliegende kleine Knochen verselbstständigte sich die Erzählung von einem Burgfräulein, welches schicksalhaft mit ihrem Säugling zu Tode kam und in der Kapelle ihre letzte Ruhestätte fand. Die Anthropologin Dr. Bettina Jungklaus konnte endlich ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Bereits bei ihrer ersten Begutachtung stellte sie klar, dass es sich eindeutig um ein männliches Individuum handelt. Wer war also dieser Mann?

Die Voruntersuchung

Bevor das Skelett eingehend untersucht werden kann, geht es ans Sichten und Zählen. Sind auch noch alle Knochen da? Und wenn ja, in welchem Zustand? Frau Jungklaus prüft die Skelettelemente auf Vollständigkeit und ermittelt deren Erhaltungszustand. Sie bewertet ihn mit „mäßig“, was einer Schulnote von 3 entspricht. Bei der Vollständigkeit des Skeletts sieht es nicht viel anders aus. Es ist zwar weitgehend vollständig erhalten, aber es wurde wohl auch ein wenig geschummelt. Um einen vollständigen Eindruck in der Ausstellung erwecken zu können, wurden, augenscheinlich in den 60er Jahren vom Landesamt für Vorgeschichte Dresden (heute Landesamt für Archäologie), Knochen eines anderen Skeletts hinzugefügt. So erhielt der Schädel zum Beispiel Schläfenbeine eines anderen, fremden Schädels. Doch nach der ersten intensiven Sichtung ist klar: Einer weiteren Untersuchung steht nichts im Weg!

 

Frau oder Mann?

Woran erkennt man nun aber eigentlich, ob es ein Mann oder eine Frau ist? WissenschaftlerInnen können das Geschlecht anhand von Form- und Größenmerkmalen am Schädel und Becken erkennen. Beides spricht in unserem Fall für ein männliches Skelett. Die Anekdote vom Burgfräulein und ihrem Kind kann nun ein für alle Mal in die Welt der Fantasiegeschichten verbannt werden. Die Geschichte des Mildensteiner Skeletts wird gerade neu geschrieben.

Das Alter

Besonders spannend sind die Schädelnähte an der Innenseite des Schädels. Die Verknöcherung dieser Nähte kann herangezogen werden, um das Sterbealter des Unbekannten zu ermitteln. Diese weist darauf hin, dass er zwischen 25 und 40 Jahren alt wurde. Durch weitere Methoden kann Jungklaus das Alter noch weiter eingrenzen. Nun steht fest, dass es sich um einen Mann zwischen 25 und 35 Jahren gehandelt haben muss.

 

Durch die Vermessung der noch vorhandenen Arm- und Beinknochen lässt sich die Körperhöhe unseres Mildensteiners ermitteln. Er war wohl um die 168 cm groß und damit leicht unter dem Durchschnitt (175 cm) eines erwachsenen Mannes in der Zeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert. Ob er wirklich in dieser Zeit gelebt haben kann, ist aber offen.

Was lässt sich eigentlich noch aus dem Zustand seiner Knochen ablesen? Starb unser Unbekannter an einer Krankheit? Starb er eines unnatürlichen Todes? Wie stand es um seine Gesundheit?

… mehr im nächsten Blog Teil 5.

Die Forschung zum Skelett betreibt die Mildensteiner Museologin Claudia Fiebach intensiv. Als Knochenjob würde sie ihre Arbeit dennoch nicht bezeichnen.


Letzte Änderung: 24.01.2020

Weitere Artikel