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Das Gästebuch der Familie von Arnim

Alexander Hänel /

Der erste Eintrag im Gästebuch der Familie von Arnim auf Kriebstein
„Ich war hier!“ Das liest man oft im Besucherbuch der Burg Kriebstein. Ergänzt wird die Eintragung von den Namen der Dagewesenen. Manchmal findet sich aber auch ein freundliches Lob, seltener scharfe Kritik, ein Sprüchlein oder sogar ein kleines Kunstwerk. Darin unterscheidet sich unser Besucherbuch nur unwesentlich vom Gästebuch der Familie von Arnim, die einst auf Kriebstein lebte. Außer, dass sich die Eintragungen auf einen kleinen, exklusiven Kreis beschränkten – das Who-is-who des Adels im Königreich Sachsen.

Ein prächtiges Buch für ein stolzes Haus

Graf Eberhard zu Solms-Sonnenwalde, königlich preußischer Gesandter in Dresden, gebührte die Ehre, sich bei seinem Besuch am 28. Mai 1875 als erster in das Gästebuch der Familie von Arnim auf Kriebstein eintragen zu dürfen. Zu dieser Zeit war Hans Henning I. der Burgherr. Er hatte in den Jahren 1866 bis 1868 viel Geld investiert, um die Burg zu modernisieren. In seiner Residenz empfing er zahlreiche Gäste, die ihre Namen und das Datum des Besuchs im Gästebuch niederschrieben. Einige verewigten sich auch mit Sprüchen und Gedichten.

 

Nicht minder prächtig als seine Burg war auch das Gästebuch aufgemacht. Die großen Buchdeckel bestehen aus edlem Holz und sind mit Malereien dekoriert, die Kanten der Seiten sind goldverziert. Auf dem Titel ist die Burg Kriebstein abgebildet und darunter kann man den Schriftzug „Fremdenbuch“ lesen. Die Rückseite schmückt ein Ornament, in das die Initialen „HA“ – Hans Henning von Arnim eingearbeitet sind.

Ein Must-have im Haushalt eines Burgherrn

Die Rolle als Gastgeber war für Adlige verpflichtend. Man vergewisserte sich durch gegenseitige Besuche und gesellschaftlichen Verkehr der Zugehörigkeit und des eigenen Ranges in der Adelsgesellschaft. Das Gästebuch dokumentiert und belegt diesen sozialen Status und ist somit ein wichtiges Element in der Lebenswelt eines adligen Grundherrn. Allein 1875 empfing die Familie von Arnim noch 62 weitere Gäste, fast ausschließlich Adlige.

Besondere Ereignisse waren die Jagden. Nicht nur die Teilnehmer trugen sich in Gästebuch ein, auch das zur Strecke gebrachte Wild wurde aufgelistet. Gleich auf der ersten Seite ist eine Jagdgesellschaft beim Rasten um ein Feuerchen im Wald als Malerei verewigt worden. Die kleine Szenerie ist sicher die schönste Seite.

Ein lebendiges Erinnerungsstück

Die Jahre haben ihre Spuren am Gästebuch hinterlassen. Der vordere Buchdeckel ist längs gespalten, die Malereien sind stark abgerieben und zerkratzt, der Goldschnitt abgegriffen. Es sind Spuren einer bewegten Geschichte, denn auch nach Hans Henning wurde das Gästebuch weitergeführt – bis 1945, als die Familie die Burg verlassen musste und sogar darüber hinaus.

Im September 1945 wurde die Familie von Arnim im Zuge der sogenannten Bodenreform enteignet und musste Kriebstein verlassen. Nach der Verhaftung und Zwangsumsiedlung auf die Insel Rügen flohen sie aus der Sowjetischen Besatzungszone in den Westen. Das Fremdenbuch folgte Ihnen auf unbekannten Wegen nach und so findet sich am 20. August 1961 der erste Eintrag, der nicht mehr in Kriebstein verfasst wurde, sondern in der neuen Heimat der Familie in Unterbessenbach. Das Gästebuch diente so als ein lebendiges Erinnerungsstück an den einstigen Familiensitz. Nach dem Tod Eriks von Arnim 2002 erlosch die Kriebsteiner Linie im Mannesstamm. Daraufhin beschloss die Familie das Fremdenbuch an das Museum der Burg zu übereignen.

Selbst blättern im Internet

Wer gern selbst im im Gästebuch der Familie von Arnim auf Kriebstein blättern möchte, der kann das jetzt tun. Als erstes Objekt aus den Sammlungen der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen ist es im Rahmen des Landesdigitalisierungsprogrammes für Wissenschaft und Kultur an der Sächsischen Landesbibliothek — Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) digitalisiert worden. Für alle Interessierten sind die Jahre bis 1920 nun auf sachsen.digital einsehbar.

Alexander Hänel ist Museologe auf der Burg Kriebstein und freut sich über jeden Gast in „seinem“ Museum – egal ob adlig oder nicht.


Letzte Änderung: 24.01.2020

Letzte Änderung: 24.01.2020

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