Hinter den Kulissen

5 Fragen an … Christian Striefler

Antje Borrmann /

Collage an Personen, die bei SBG tätig sind unter dem Motto "30 Jahre SBG"
In diesem Jahr feiert die sächsische Schlösserverwaltung ihr 30-jähriges Jubiläum unter dem Motto In Varietate Concordia – In Vielfalt vereint. Der Geschäftsführer, Christian Striefler, wirft einen auch kritischen Blick zurück und denkt an die kommenden Herausforderungen.

Herr Striefler, beim Blick zurück, was fällt Ihnen als Erstes auf?

Christian Striefler: Drei Dinge sind es, die spontan in meinen Kopf schießen. Zum einen wollte der Freistaat Sachsen Anfang 1993 seinen touristisch nutzbaren Schlössern, Burgen und Gärten höhere Freiheitsgrade einräumen als einer klassischen Behörde. Ein zukunftsweisender und deutschlandweit einmaliger Ansatz. 

 

Zwar hat sich die Rechtsform im Laufe der Jahre mehrfach geändert, doch das Grundanliegen ist geblieben: ein hohes Maß an Eigenverantwortung gepaart mit bemerkenswerten Möglichkeiten zum Gestalten bei gleichzeitiger Pflicht, die bedeutendsten Gebäude im Freistaat zu bewahren, zu vermitteln und zu bewirtschaften.

Ich glaube, sagen zu können, dieser Verantwortung sind wir gerecht geworden getreu dem Goethe-Zitat: „Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“

Zweitens hat sich an fast allen Orten gerade baulich unglaublich viel getan. Fast alle unsere Liegenschaften sind in einem so guten Zustand wie wohl nie zuvor! Das ist ein Verdienst der Steuerzahler, die dem Freistaat insgesamt weit über eine halbe Milliarde Euro für Bauinvestitionen zur Verfügung gestellt haben, den Landtagsabgeordneten, die das Geld dieser Bestimmung zugeführt haben und des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements, der gemeinsam mit uns für die Umsetzung gesorgt hat. Dafür sind wir im Namen unserer wunderbaren Anlagen sehr dankbar.

Und drittens sind wir im Laufe der Jahre zu einer Einheit zusammengewachsen, die bei aller Unterschiedlichkeit weiß, wie wichtig eine starke Institution ist, gerade um die Vielfalt wachsen zu lassen, um sich gegenseitig zu befruchten, zu helfen. In Varietate Concordia, in Vielfalt vereint, könnte das Motto unserer Kulturinstitution sein, die sich aus vielen einzelnen, in vordergründiger Konkurrenz zueinanderstehenden Einzelinstitutionen zur größten Kultureinrichtung des Freistaates entwickelt hat. 

Was sind die Stärken unseres Kulturbetriebs?

CS: Wir sind im ganzen Land einigermaßen gleichmäßig verteilt. Wir sind kulturelle Anker im ländlichen Raum und nicht nur im „Freistaat Dresden“ beheimatet. Unser Angebot ist äußerst vielfältig: kulturgeschichtlich bedeutsame Orte, Erholungsziel für die Ruhe suchenden Parkbesucher, Identitätsanker für die heimische Bevölkerung und gleichzeitig Anziehungspunkte für Touristen aus nah und fern.

 

Unser Bildungsangebot umfasst Kulinarisches aus vergangenen Zeiten ebenso wie die Vermittlung landesgeschichtlicher Kenntnisse für ein breiteres Publikum. Und wir sind beliebter Veranstaltungsort für Hochzeiten und lustige Feste. Möglich ist das alles nur dank unserer großartigen, kreativen und begeisterungsfähigen Mitarbeiter. Die Freude an ihrer Arbeit merken unsere Besucher und zollen in den einschlägigen Besucherforen uns ihre Anerkennung.

Und wo sehen Sie Schwächen unserer Institution?

CS: Wir sind manchmal zu ehrgeizig, wollen zu viel auf einmal, sehen die vielen Notwendigkeiten im pflegerischen Bereich und die kreativen Möglichkeiten in der Vermittlung. Da fällt es gelegentlich schwer, Prioritäten allgemeingültig zu definieren und sie eben auch an dem Machbaren auszurichten. Manchmal wünschte ich mir auch noch mehr Verständnis für die Arbeit des anderen innerhalb unseres Betriebes. Und manchmal müssten wir der Öffentlichkeit noch stärker vor Augen führen wie bewahrenswert unsere Schlösser sind.

Worin unterscheiden wir uns Ihrer Ansicht nach von anderen deutschen Schlösserverwaltungen?

CS: Nirgendwo gehört eine Eisenbahn zum Bestand! Über 200 Kinder und Jugendliche können bereits in jungen Jahren bei unserer Parkeisenbahn in Dresden Verantwortung übernehmen, sich auf das Berufsleben vorbereiten.

Wir haben uns zudem einen hervorragenden Ruf weit über die Grenzen Sachsens hinaus bei der Vermittlung im musealen Bereich gemacht. Wir setzen auf neue Technologien, Augmented und Virtual Reality, Gamification-Angebote in den Burgen im ländlichen Raum. Es freut uns schon, dass Kollegen aus anderen Regionen Deutschlands häufig zu uns kommen und fragen: Wie habt ihr das gemacht? Mit Festung Dresden und Zwinger Xperience haben wir zwei komplett neue Erlebnismuseen erfolgreich etabliert, Colditz folgt im kommenden Jahr als „lost place“.

Aber auch in der inneren Organisation setzen wir vielleicht stärker als andere auf Digitalisierungsprozesse, nutzen die Möglichkeiten, die der technologische Fortschritt uns bietet und entwickeln mit externen Partnern Roboter, die die Arbeit im Garten erleichtern sollen. Da gibt es noch viel Potenzial.

Zum Abschluss der Blick in die Zukunft: Wo liegen für Sie die größten Herausforderungen für die kommenden zehn Jahre?

CS: Zunächst sicher Anpassungsstrategien für den Klimawandel zu finden. Wir haben ein viel beachtetes Forschungsprojekt an Land gezogen, um unsere Gärten besser auf die fehlende Feuchtigkeit einzustellen: bessere und nachhaltigere Bewässerung, Resilienz von Bäumen durch eigene Baumschulen, aber auch eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Wert der historischen Anlagen.

 

Zudem wird die demografische Entwicklung auch an uns nicht vorbeigehen. Wie können wir ein attraktiver Arbeitgeber bleiben? Wie stellen wir uns auf den Arbeitskräftemangel ein, den wir bereits jetzt spüren? Ein Ziel ist es, die kulturelle Bildung insbesondere im ländlichen Raum zu stärken, ein breites Angebot für unterschiedliche Interessengruppen zu entwickeln.

 

Und wie können wir auch in Zukunft unsere Besucher immer wieder neu für uns gewinnen und weiterhin durch Freude Wissen vermitteln?  Besonders freuen wir uns auf die Landesausstellung 2029 in Meißen, die wir vorbereiten dürfen.

Dr. Christian Striefler hat vor allem zur Pillnitzer Schlosskapelle eine besondere Verbindung. Dort heirateten er und seine Frau vor fast 30 Jahren.


Letzte Änderung: 24.01.2020

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