Histories

Wie Fürsten speisten

Stefanie Schuster / Jonas Klöber /

Gemälde vom Pratersaal, Prunkvoll ausgestatteter Saal mit Festtafel, die gerade von der Dienerschaft gedeckt wird.
Sicherlich erwartet den einen oder anderen zu Ostern ein herrliches Festessen an einer schön gedeckten Tafel. Aber woher kommt unsere Art Speisen zu servieren? Und seit wann zelebriert man es so?

Geschmack durch Technik

Eine gut ausgestatte Küche bietet beste Voraussetzungen für große Genüsse. Das wusste man auch schon im 19. Jahrhundert. Nachdem 1818 das alte Renaissanceschloss in Pillnitz abgebrannt war, errichtete man mit dem Neuen Palais auch eine neue Küche. Man orientierte sich an der bestehenden Raumaufteilung, doch die Errichtung eines neuen Ofens, der Kochmaschine, ermöglichte auch eine verfeinerte Art der Speisenzubereitung. Man konnte damit nicht nur kochen, sondern auch backen, braten, räuchern und Speisen warmhalten. Durch die verbesserte Kontrolle der Temperatur wurde präziseres Kochen und Backen ermöglicht. Die Verfeinerung der Kochkunst zog natürlich nicht nur in die königliche Pillnitzer Schlossküche ein, sondern war ein europäisches Phänomen. 

 

Service à la française

Und nicht nur im Bereich der Küchentechnik war die Zeit von Neuerungen geprägt. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich an den Höfen eine grundlegende Änderung in der Art zu essen.

Lange Zeit wurde an den vornehmen Tafeln Europas in den meisten Fällen der service à la française praktiziert. Dies bedeutete eine besondere Art des Servierens von Speisen, aber damit verbunden natürlich auch des Essens. Das galt auch für die sächsischen Kurfürsten und Könige, wie August den Starken in Moritzburg oder Friedrich August den Gerechten in Pillnitz. Wichtigstes Merkmal des service à la française sind die vielen Speisen, die gleichzeitig auf der Tafel stehen.

 

Auch heute wird ähnlich gegessen. Gibt es Ostern beispielsweise Lamm mit Möhren und Klößen, stehen möglicherweise ein Teller mit einem Stück Lamm, ein Teller mit gekochten Möhren, eine Schüssel mit Klößen und eine Kanne für eine leckere Sauce auf dem Tisch. Eine Person schneidet dann das Lamm in Stücke, andere verteilen die Beilagen auf die jeweiligen Teller. So ähnlich funktioniert es auch beim service à la française.


Doch zurück in die Geschichte. Der erste Gang bestand in der Regel aus Vorspeisen und Suppen. Im zweiten Gang folgte Braten und Geflügel. Zum Abschluss kamen süße Speisen auf die Tafel. Aber nicht nur die Speisen waren von Bedeutung für ein gelungenes und allen Regeln der Kunst entsprechendes Festessen. Ein wichtiger Punkt war die Gestaltung der Tafel. Die Teller, Schüsseln und Terrinen waren symmetrisch angeordnet. Auf überlieferten Plänen einer königlichen Tafel wird das sehr deutlich. 

 

Service à la russe

Im 19. Jahrhundert kam das auf, was bald nach dem russischen Botschafter in Frankreich service à la russe genannt wurde.
Diese Art des Servierens ist auch heute noch üblich und findet in vielen Restaurants und vielleicht auch manchmal zu Hause Anwendung. Statt viele Speisen auf einmal auf den Tisch zu stellen, bestand ein Gang nun nur noch aus einem Gericht. Alle Komponenten dieses Gerichts wurden bereits in der Küche zusammengestellt. Um zum Lamm zurückzukommen: in der Küche wird das Lamm in Stücke geschnitten und mit den zubereiteten Möhren, einem Kloß und Sauce auf einem Teller angerichtet. Sind alle Teller fertig, werden sie zur Tafel getragen und dort den einzelnen Personen serviert.
 

Da der Tisch jetzt wesentlich leerer war, wurden mehr Deko-Objekte auf ihm platziert: Kleine Figuren aus Porzellan, Kerzenleuchter und künstliche oder echte Blumen. Auch die Anzahl der Gänge änderte sich. Statt vieler Speisen auf einmal wurden sie nun hintereinander serviert. Prunkvolle Menüs zu besonderen Anlässen waren sehr umfangreich. Zehn oder mehr Gänge waren keine Seltenheit.

 

So auch 1891. Nachdem Friedrich August III. von Sachsen im Juli 1877 seine spätere Frau Luise von Toscana bei einem sommerlichen Ball im Schloss Pillnitz kennengelernt hatte, wurde am 23. November 1891 Hochzeit gefeiert. Die erhaltene Menükarte gibt einen Einblick in die kulinarischen Genüsse der Festlichkeit. Unter anderem wurde Seezunge, Roastbeef, Hummer und Eis serviert.

 

 

Und heute...

So viel Gänge wie 1891 sind heute aber auch an royalen Tafeln selten geworden. Das Hochzeits-Dinner von Prinz William und Kate 2011 in London bestand aus drei Gängen. Als im März 2023 König Charles III. Deutschland besuchte, wurden beim Staatsbankett vier Gänge serviert. 


Und auch die Serviermöglichkeiten haben sich inzwischen verändert. Je nach Konzept oder Vorlieben wird selbst in exquisiten Restaurants unterschiedlich serviert. An den heimischen Tischen sowieso. Da lohnt es sich doch besonders, kulinarisch in die Geschichte einzutauchen und zu schauen, ob zu Hause eher nach service à la française oder service à la russe gespeist wird. Und bei der nächsten Gelegenheit die entsprechend andere Servierweise auszuprobieren. Nur vielleicht mit nicht ganz so vielen Gerichten.
 

Stefanie Schuster kocht gerne und freut sich, dass heute Spülmaschinen einen Teil der Arbeit nach dem Essen übernehmen.

Jonas Klöber isst gerne und bekommt beim Lesen der Menükarten gleich ein bisschen Appetit.

 


Letzte Änderung: 24.01.2020

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