Gartenkunst

Tulpenfeuer - aber keine Tulpenfreuden im Barockgarten Großsedlitz

Helge Klügel / Stefanie Schuster /

Von zartrosa bis dunkelviolett leuchten Tulpen in der Frühjahrsbepflanzung von Großsedlitz
Ein verändertes Bild in der Frühjahrsbepflanzung wird in diesem und in den nächsten Jahren die Besucherinnen und Besucher des Barockgartens Großsedlitz erwarten. Aber warum?

Akzente in der denkmalgeschützten Gartenanlage

Die Rabattenbepflanzung auf der oberen Orangerieterrasse ist für die Besucherinnen und Besucher des Barockgartens Großsedlitz immer ein besonderer Anziehungspunkt. Die vielseitigen Blüten und die abwechslungsreiche Farbigkeit der Beetpflanzen in der Frühjahrs- und Sommerbepflanzung setzten einen besonderen Akzent in der denkmalgeschützten Gartenanlage.

Für die erste Bepflanzung des Jahres gehören neben typischen Frühjahrspflanzen wie Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht vor allem auch Blumenzwiebelgewächse wie Narzissen, Tulpen und Hyazinthen in eine attraktive Frühlingspflanzung. Wer in diesen Tagen den Garten in Großsedlitz besucht, dem wird allerdings auffallen, dass in der Pflanzung die Tulpen fehlen! Leider müssen wir in den nächsten vier bis fünf Jahren auf diese wichtige und schöne Pflanze, die uns in abwechslungsreicher Farbenpracht und Formenvielfalt begeistert, verzichten.

Ohne Gegenmittel bleibt nur Verzicht

Der Grund für diesen schmerzlichen Verzicht ist eine, seit dem Frühjahr 2020 bei uns eingeschleppte, Pflanzenkrankheit. Es handelt sich dabei um einen Grauschimmelerreger (Botrytis tulipae), der auch als „Tulpenfeuer“ bekannt ist. Dieser Erreger befällt ausschließlich Tulpen und verseucht den Boden. Derzeit gibt es für diesen Erreger kein wirksames und zugelassenes Gegenmittel. Die einzige Behandlungsmöglichkeit besteht in einer konsequenten Vorbeugung bzw. dem Verzicht von Tulpen auf den Anbauflächen über mehrere Jahre.

Auf Grund der im Barockgarten vorliegenden Infektion mit dem Schaderreger, haben wir uns nach Absprache mit dem Pflanzenschutzdienst des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und namhaften Tulpenproduzenten dazu entschlossen, in den nächsten vier bis fünf Jahren keine Tulpen auf unseren Beeten auszupflanzen. Die Hoffnung ist, dass der Schadpilz mit dieser Maßnahme „ausgehungert“ werden kann und wir in den darauffolgenden Jahren wieder herrliche Tulpen in Großsedlitz sehen können.

Tulpenfeuer (Botrytis tulipae)

Schadmerkmale:

  • Blätter beim Austrieb verkrüppelte und mit graubraunen Flecken
  • hellbraune bis graubraune Faulstellen meist direkt über der Bodenoberfläche wodurch die Triebe umknicken
  • Bildung von Grauschimmelrasen an Blättern, Blüten und Stielen bei feuchtem Wetter pockenartige Flecken auf Blüten und Blättern
  • Absterben des Laubes
  • 1-2 mm lange schwarze Punkte auf den braunen Schalen der Zwiebel
  • Pilz überdauert in kranken Zwiebeln im Boden

Vorbeugungsmaßnahmen:

  • erkrankte Pflanzen und umgebenden Boden sofort entfernen und entsorgen (nicht in den Kompost!)
  • größere Pflanzabstände zu anderen blattreichen Pflanzen, um ein schnelles Abtrocknen nach Regen zu gewährleisten
  • auch Unkraut kann die Durchlüftung stark behindern
  • keine stickstoffbetonte Düngung

Tulpenfieber

Mit dem Tulpenfeuer nicht zu verwechseln ist das Tulpenfieber. Die Krankheit des Tulpenfiebers oder die Tulpomanie erfasste nicht die Pflanzen, sondern die Menschen. Es handelt sich um eine Periode im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ der Niederlande. Tulpen gelangten seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vermehrt nach Europa und erfreuten sich schnell großer Beliebtheit. Die Zwiebeln wurden zu immer höheren Preisen, sogar auf Auktionen, gehandelt. Sie wurden zu regelrechten Spekulationsobjekten. Im Februar 1637 erreichten die Preise ihren Höhepunkt, was zum Platzen der wohl ersten Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte führte.

Helge Klügel ist Gartenmeister im Barockgarten Großsedlitz und Schlosspark Weesenstein und brennt nicht nur für die Frühblüher in der Gartenanlage.

 

Stefanie Schuster ist Kulturpädagogin in Schloss und Park Pillnitz und fiebert den wieder erblühenden Frühlingsboten entgegen.


Letzte Änderung: 24.01.2020

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