Zeugnis der Gartenkunst
„Der historische Garten ist ein Bauwerk, das vornehmlich aus Pflanzen, also lebendem Material, besteht, folglich vergänglich und erneuerbar ist. Sein Aussehen resultiert aus einem ständigen Kräftespiel zwischen jahreszeitlichen Wechsel, natürlicher Entwicklung und naturgegebenem Verfall einerseits und dem künstlerischen sowie handwerklichen Willen andererseits, der darauf abzielt, seinem Zustand Dauer zu verleihen.“
Dies besagt die Charta von Florenz und trifft so auf eine poetisch – fast schon romantische Art – die Seele des Gartens. Ein Gartendenkmal ist somit als Zeugnis der Gartenkunst oder der Landschaftsarchitektur zu verstehen.
Wie erhalten wir ein Gartendenkmal?
In dem stetigen Wandel, dem Pflanzen unterworfen sind, dem Wachsen und Vergehen, liegt die Besonderheit, welche das „lebende“ Gartendenkmal vom Baudenkmal unterscheidet. Der Erhalt eines historischen Gartens oder Parks ist daher besonderen Grundsätzen unterworfen. So macht sich ein Mangel an Pflege- und Instandhaltungsmaßnahmen, wie z.B. Baumpflege, Heckenschnitt, Mahd der Rasen- und Wiesenflächen oder die Sauberhaltung von Gewässern bei einem Gartenkunstwerk um einiges früher bemerkbar als bei einem Baudenkmal. Deswegen sind fortlaufende Maßnahmen zur Erhaltung des Gartendenkmals unerlässlich.
Kleinere Reparaturen oder Instandsetzungsarbeiten, wie der Ersatz einzelner Pflanzen in Hecken oder Alleen oder das Nachsäen von kahlen Rasenstellen, dienen ebenfalls der Erhaltung des Gartendenkmals. Aber auch der regelmäßige Formschnitt der Bäume im Boskett eines barocken Gartens oder von Alleebäumen ist zur Bewahrung des authentischen Erscheinungsbildes dieses Gartenbereichs unerlässlich.

Wurden Pflege und Instandsetzung vernachlässigt, ist es manchmal nötig, Teile eines historischen Gartens zu restaurieren. Dabei ist mit Restaurierung eine umfangreiche Erneuerung gemeint, die über Reparaturen hinausgeht. Im Gegensatz zur Rekonstruktion geht es nicht um die Wiederherstellung eines verlorengegangenen Erscheinungsbildes von Gartenteilen oder ganzer Gärten. Bei einer Restaurierung werden vorhandene Gartenstrukturen, z. B. überalterte Hecken, oder lückenhafte Alleen, aber auch bauliche Elemente wie Einfriedungen, Wege und Gartenausstattungen, ergänzt bzw. ersetzt.
Verlorengegangenes Nachbilden
Rekonstruktion hingegen bildet nach und schafft Altes neu. Rekonstruktion ist die Neuanlage eines Gartens oder eines Gartenbereichs auf der Grundlage historischer Quellen. Damit lässt sich zwar das historische Erscheinungsbild wiederherstellen, der Aussagewert des Objektes jedoch nicht. Rekonstruktion sollte in der Gartendenkmalpflege daher immer die absolute Ausnahme sein. Keinesfalls darf historische Substanz beseitigt werden, um eine Nachbildung an ihre Stelle zu setzen.
Hauptaufgabe der Gartendenkmalpflege ist es, historische Substanz zu erhalten und deren natürlichen Wandel originalgetreu zu lenken.
Der Klimawandel stellt die Gartendenkmalpflege vor ganz neue Herausforderungen, da die Erhaltung historischer Garten- und Parkanlagen nun unter erschwerten Bedingungen stattfinden muss. Trockenheit in der Vegetationsperiode und Hitze machen vor allem den wertvollen Altgehölzen zu schaffen. Außerdem sind wichtige Prinzipien des Umgangs mit historischer Substanz, wie z. B. der Grundsatz, dass abgegangene Gehölze am gleichen Standort durch einen Baum der gleichen Art bzw. Sorte ersetzt wird, in Frage gestellt. Auch in Gartendenkmalen werden zukünftig klimaresiliente Baumarten eine wesentliche Rolle spielen. Allerdings wird der Entscheidung für oder wider Ersatzbaumart in jedem Einzelfall ein gründlicher Abwägungsprozess vorausgehen.
Die im Projekt „Klimawandel in historischen Gärten“ errichteten Gehölzanzuchtflächen für den Großen Garten in Dresden und den Schlosspark in Pillnitz bieten die Chance, Gehölze heranzuziehen, die von klein auf mit den örtlichen klimatischen und Boden-Bedingungen zurechtkommen. Diese Gehölze werden gegenüber Trockenstress oder Pflanzenkrankheiten resilienter sein, wodurch es hoffentlich möglich sein wird, die etablierten Arten und Sorten für unsere historischen Gärten zu erhalten.
Silke Epple, Mitarbeiterin für Klimaanpassung, entdeckte ihr Interesse an der Gartendenkmalpflege mit 18 Jahren während eines Schülerpraktikums und bemüht sich jetzt die aktuellen Herausforderungen mit den Ansprüchen der Gartendenkmalpflege in Einklang zu bringen.