Bibeln waren schon immer ein Massenprodukt. Jeder war Christ und jeder Haushalt sollte eine besessen haben, zumindest einen Katechismus – ein Handbuch zur Unterweisung im christlichen Glauben. Die heutigen Antiquariate sind voll davon. Und doch ist die Bibel aus dem Bestand der Stolpener Burg ein ganz besonderes Exemplar.
Diese Bibelausgabe, als sogenannte Biblia Pentabla 1711 von Johann Otto Glüsing herausgegeben, gehörte dem Stolpener Amtmann Christoph Friedrich Gülden und wurde von der Gräfin Cosel zwischen 1762 und ihrem Tode am 31. März 1765 genutzt.
Eine beigelegte Notiz des Amtmanns gibt darüber Auskunft. Das Buch hat damit einen konkreten personen-geschichtlichen Bezug zur markantesten Mätresse Augusts des Starken und berühmtesten Gefangenen der Veste Stolpen. Fast ein halbes Jahrhundert verbrachte sie hier im goldenen Käfig in der Verbannung.
Zahlreich sind die „Benutzerspuren“ der Gräfin Cosel, die das Buch wohl als ihr Eigentum ansah. Neben 21 immer gleichen Monogrammen von der Hand der Gräfin A(nna) v(on) C(osel) finden sich einige Unterstreichungen, Einträge und gelegentlich auch kurze Kommentare.
Entgegen der heutigen weit verbreiteten Bekanntheit der Gräfin Cosel ist die materielle Überlieferung aus dem Leben der Gräfin (abgesehen von Dokumenten) äußerst gering. Bei der Biblia Pentapla handelt es sich um den bisher einzigen erhalten gebliebenen Alltagsgegenstand, der nachweislich mit der Lebensgeschichte der Gräfin Cosel auf Stolpen in Verbindung zu bringen ist. Sie ist gewissermaßen die „Sixtinische Madonna“ im musealen Sammlungsbestand der Burg Stolpen. Zu besonderen Anlässen wird sie im Johannis-(Cosel-)turm ausgestellt.
Jens Gaitzsch arbeitet als Museologe auf Burg Stolpen und kennt die Gräfin Cosel wie kein Zweiter.