Barockgarten Großsedlitz – Geschichte in vier Episoden
Eine Auszeichnung mit Geschichte
Nach 1727 wurde in Großsedlitz 13 Mal das Fest des „Weißen Adlerordens“ begangen. Der polnische Orden des Weißen Adlers wurde von August dem Starken am 1. November 1705 nach dem Vorbild eines gleichnamigen mittelalterlichen Ordens gestiftet. Mit ihm sollten polnisch-litauische und sächsische Adlige ausgezeichnet werden. Damit eiferte August der Starke den großen Monarchien Europas nach, die ebenfalls Orden verliehen: den englischen Hosenbandorden, den spanisch-habsburgischen Orden vom Goldenen Vlies, den dänischen Elefanten-Orden und den preußischen Schwarzen Adlerorden.
Die Ordensinschrift „Pro fide, lege et rege“ – für Treue, Gesetz und König – diente als Motto für die Ordensträger. Das mit Brillanten besetzte Kleinod des polnischen Weißen Adlerordens war Bestandteil der kostbaren Juwelengarnituren Augusts des Starken. Vier Exemplare des Ordens wurden im Grünen Gewölbe, der ehemaligen Schatzkammer des Königs, aufbewahrt. Eines davon raubten Diebe zusammen mit anderen Juwelen bei einem spektakulären Einbruch in das Dresdner Residenzschloss am 25. November 2019.
Die Zahl Vier
In der Barockzeit spielte die Zahl Vier eine besondere Rolle. Man zählte vier Weltecken, vier Weltrichtungen, vier Winde, vier Jahreszeiten, vier Phasen des Mondes und so weiter. Dadurch kam der Vier auch in der Kunst, Architektur und Landschaftsgestaltung eine besondere Rolle zu. Und so wundert es nicht, dass unter den Skulpturen in Großsedlitz auch die „Vier Jahreszeiten“, die „Vier Elemente“, die „Vier Erdteile“ und acht Figurenpaare aus der antiken Mythologie vertreten sind. Die Darstellungen der antiken Paare entsprechen den Metamorphosen, einer Versammlung antiker Sagen des römischen Dichters Ovid. Das bekannteste Paar ist vielleicht „Apollo und Daphne“: Die jungfräuliche Nymphe entzog sich dem Werben des jungen Gottes durch ihre Verwandlung in einen Lorbeerbaum. Dessen Blätter zierten von da an das Haupt Apollos. Die Figuren in Großsedlitz gehen wohl auf den Bildhauer Johann Benjamin Thomae, ein Schüler Balthasar Permosers, zurück und zeichnen sich durch eine klare und erzählerische Formensprache aus.
Orangen – Früchte der ewigen Jugend
Bereits 1575 sind große Bestände an Pomeranzen, auch Bitterorangen, im kurfürstlichen Hofgarten vor dem Wilsdruffer Tor, dem westlichen Stadttor Dresdens, nachzuweisen. Vor allem August der Starke hegte eine große Leidenschaft für Orangenbäume. Denn Orangenbäume verhießen seinem Besitzer nichts geringeres als ewige Jugend! Als „Orangenbäume“ bezeichnete man damals übrigens alle Zitrusgewächse: neben den beliebten Pomeranzen auch Zitronen, Zitronat-Zitronen, Pampelmusen und Orangen. Die Pflanzen erwarb August meistens auf der Leipziger Messe oder direkt in Italien. Vermutlich hatte auch Graf Wackerbarth in seinem Großsedlitzer Garten Orangenbäume aufstellen lassen.
Weil die sehr kostbaren Bäume kälteempfindlich sind – schließlich sind sie mediterrane Temperaturen gewohnt – mussten sie in der kalten Jahreszeit in sogenannte Orangerieparterren, eigens errichtete Gebäude für die Überwinterung dieser Exoten, ziehen. Die historischen Aufzeichnungen zur Orangerie in Großsedlitz sind nur spärlich überliefert. Ein Garteninventar von 1736 nennt 1.287 Stück! Bis auf die letzten zwölf Orangenbäume erfror der historische Bestand aber im kalten Winter 1928/29. Seit 1996 beleben neue Zitrusbäume aus Italien die Tradition der Großsedlitzer Orangerie. Im Winter findet man mittlerweile auch die Orangenbäume des Dresdner Zwingers hier wieder.
Wasser marsch!
Wasser ist ein wichtiges Element der barocken Gartengestaltung. Auch in Großsedlitz sollten fantasievolle Wasserspiele den Garten beleben. Dazu gehörten Schießbahn flankierende Wasserkanäle, das mit Eiszapfenmotiven verzierte „Eisbassin“, Springstrahlen aus Sandsteinvasen und die „Stille Musik“, ein mit zahlreichen Sandsteinputti – Skulpturen in leicht bekleideter Kindergestalt – verziertes Wasserbassin. Für die Betonung der Mittelachse entstand am Hang ein künstlicher Wasserfall, die „Waldkaskade“. Um das für den Betrieb der Wasserspiele notwendige Wasser nach Großsedlitz zu holen, wurde in Köttewitz an der Müglitz eine Wasserkunst – eine hydraulische Wasserhebeanlage – errichtet. Berechnungen lassen vermuten, dass die Wasserspiele im Barock nicht viel länger als eine halbe Stunde betrieben werden konnten – ein kostspieliges Vergnügen!
Letzte Änderung: 25.08.2020