116 Kalbshäute auf einen Streich

Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts waren Goldledertapeten der letzte Schrei bei Wandbekleidungen. Sie ersetzten in den Häusern des Adels und des reichen Bürgertums die Wandteppiche. Ganz billig waren sie nicht. In Weesenstein erinnern Wappen über dem Kamin an die wohlhabenden Auftraggeber Rudolf von Bünau und seine Gemahlin Helena Henrica von Vitzthum-Eckstädt.

Eine prächtige Goldledertapete aus der Zeit um 1720 dominiert den festlichen Speisesaal im Schloss Weesenstein. Sie stammt aus Werkstatt von Carolus Jacobs in Mechelen (Belgien). 116 Kalbshäute wurden für die Tapete verarbeitet. Das Leder wurde versilbert, mit Modeln (Hohlformen) geprägt und das so entstandene Relief ausgemalt, in strahlendem Rot und Grün, und mit einem leuchtenden Goldton. Anschließend nähte man sie von Hand zusammen und befestigte sie mit Holzleisten auf dem Putzgrund.

 

Blumen und Vögel

Jedes Feld der Tapete zeigt eine symmetrische Komposition: Eine Palmette wächst von einem reich dekorierten Postament empor, flankiert von exotischen Blumen und Vögeln. Die Idee für das Muster stammt von textilen Vorlagen. Die Rapporte, also das sich wiederholende Muster, der Tapeten setzen sich aus vier Karees zusammen. Beliebt waren üppige Ranken aus Früchten und Blumen, die an die Stilllebenmalerei dieser Zeit erinnern.

 

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Paradiesische Pracht

Eine Rinderherde an der Wand

Der Kauf einer solchen Ledertapete war eine teure, dafür aber auch überaus effektvolle Investition. Sehr gern verwendete man sie, wie in Weesenstein, in Speisesälen, weil sie geruchsunempfindlich waren. Wenn der Zustand der Tapete auch noch sehr gut und die Montierung original ist, so muss man sich doch den Raumeindruck vor 300 Jahren wesentlich glanzvoller vorstellen. 116 Kalbsleder, eine ganze Rinderherde, befinden sich seitdem an den Wänden.

 

 


Letzte Änderung: 29.02.2024

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