Ohne Eiklar keine Tinte
Um im Mittelalter schreiben zu können, bedurfte es fast eines ganzen Bauernhofes. Kuh, Huhn und Gans mussten herhalten, wenn der Mönch zum Schreibpult schritt.
Das Schreiben von Texten und das Illustrieren von Büchern gehörten zum Klosteralltag der Zisterziensermönche aus Altzella. Dass die Mönche dabei sehr fleißig waren, belegt ein Bibliothekskatalog von 1514, der über 1.000 Bücher verzeichnet.
Für die Buchherstellung lieferten Tiere wichtige Rohstoffe. Papier war als Beschreibstoff im Abendland noch weitgehend unbekannt. Stattdessen nutzte man Pergament – ungegerbte Tierhaut, vorzugsweise vom Kalb, aber auch von Ziege und Schaf. Hühner lieferten hingegen das Eiklar zum Binden der Farbpigmente bunter Tinten. Und um damit Buchstaben oder kunstvolle Illustrationen aufs Pergament zu zaubern, bedienten sich die Mönche der angespitzten Federkiele von Schwan oder Gans.
Ohne Tiere wäre also in mittelalterlichen Schreibstuben nicht viel passiert. Vor allem kleine Nagetiere konnten die konzentrierte Arbeit der Mönche aber auch empfindlich stören. Eine mittelalterliche Handschrift zeigt einen Mönch, der eine Maus vom Schreibpult verjagt. Dazu kann man lesen: „Du böse Maus, schon oft hast Du mich zum Zorn gereizt. Gott soll dich verderben.“ Vielleicht hätten die Altzeller Mönche auch diesen Satz nachempfinden können.

Letzte Änderung: 29.02.2024
Das Titelbild dieser Seite wurde mithilfe des KI-Programms Leonardo.Ai erstellt.