Gänsebraten und Aprikosen für Kriegsgefangene?

Schloss Colditz

8. Türchen

Während des 2. Weltkriegs waren im Schloss Colditz Offiziere aus Polen, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden inhaftiert. Gegenüber einfachen Gefangenen in Mannschaftslagern durchaus privilegiert, schafften sie es, wenigstens ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen.

Das gemeinsame Kochen sorgte für Abwechslung im Alltag des Kriegsgefangenenlagers im Schloss Colditz: Auf fast jeder Etage des uralten Hauses gab es kleine Küchen. Die dürftigen Rationen aus der deutschen Gefangenenküche wurden übers ganze Jahr mit Selbstgekochtem und Typischem aus der Heimat der Soldaten aufgewertet. Möglich machten dies die vielen Rot-Kreuz-Pakete mit Lebensmitteln aus der Heimat, die während des 2. Weltkriegs an die Gefangenen verschickt wurden.

 

Jedoch wurden auch die Colditzer Offiziere in der Adventszeit von Heimweh und Sehnsucht geschüttelt. Würde jetzt das letzte Jahr ihrer Trennung von den Lieben anbrechen? Und wie ging es denen zu Hause überhaupt wirklich, denn die gesamte Post von Familienangehörigen durchlief eine strenge Zensur.

 

Immerhin half die Gemeinschaft: So wie sonst in Friedenszeiten bekochte man sich mit weihnachtlichen Speisen und lud sich nationenübergreifend ein – die Holländer gingen zu den Briten, die Polen zu den Franzosen und umgekehrt. Es wurden Einladungen gezeichnet und Menükarten erstellt. Angekündigt wurden unter anderem Gänsebraten und Aprikosenkompott. Sarkasmus oder echte Leckerei? War die Gans vielleicht eher Dosenfleisch und das Aprikosenkompott doch ein Ersatzprodukt? Details sind dazu leider nicht überliefert.

 

Auf jeden Fall wurde kurz vor Weihnachten die geheime Schnapsproduktion aus ebenso geheimen Biervorräten nochmal ordentlich hochgefahren. Die Destillierrohre sind heute noch Teil der Colditzer Sammlung.


Letzte Änderung: 16.02.2023