Es war nicht alles schlecht…
…in der DDR. Zu den guten Dingen gehörten gründlich recherchierte und professionell gestaltete Qualitätszeitschriften. Dazu zählte die Kultur im Heim. In der Ausgabe 4/83 werden Schloss Weesenstein mit seinen historischen Tapeten vorgestellt, Neuheiten der Coswiger Tapetenfabrik präsentiert und Tipps zum Tapezieren gegeben.
Tapetenwechsel im Trend
Das Heft wird mit der Frage „Wie oft tapezieren Sie?“ eingeleitet. Die Antwort lautet: „Im Durchschnitt wechselt ein Haushalt unseres Landes die Tapete im Wohnraum alle drei bis vier Jahre. Manche Familie hat sich schon nach zwei Jahren die Muster ihrer vier Wände übergesehen, was oft auf eine schnelle, unüberlegte Wahl schließen lässt.“
Nachhaltigkeit spielte schon damals eine Rolle, denn es heißt weiter: „Denn obwohl das Angebot an Tapeten besonders in den Spezialverkaufsstellen reichhaltig ist, sollten wir auch mit Tapeten sinnvoll umgehen.“
Auch im Schloss Weesenstein tapezierten die Eigentümer glücklicherweise nicht alle paar Jahre die Wände neu… Das wäre auch viel zu teuer gewesen. Eine barocke Goldledertapete kostete bereits zu ihrer Herstellungszeit ein Vermögen. Nur Adlige und sehr reiche Bürger konnten sich solch einen Luxus leisten.
Muster-Beispiel Schloss Weesenstein
Der folgende Artikel Tapeten im Museum berichtet davon, dass es zahlreiche wertvolle erhaltene Tapeten im Schloss Weesenstein aus verschiedenen Epochen gibt. Dazu kommen neue, aus anderen Objekten geborgene Bildtapeten dazu und so vervollständigt sich die Tapetensammlung.
Erwähnt wird die barocke Goldledertapete, die klassizistischen Panoramatapeten Die Kämpfe der Griechen, Amor und Psyche und Die Chinesische Prozession sowie mehrere Biedermeiertapeten mit Blumenmustern – allen voran die Rose. Besichtigt werden können auch Kanten- und Sockeltapeten, aufsetzbare Motive und Supraporten.
Von „Bückware“ bis Wendezeit – ein erfolgreiches Magazin
Die beliebte ostdeutsche Zeitschrift war ein Frauenmagazin und erschien sechsmal im Jahr im Verlag Die Wirtschaft Berlin, die erste im Jahr 1957. Sie war allerdings wie so vieles in der DDR aufgrund der geringen Auflage „Bückware“. Dazu gehörten auch die Satirezeitschrift Eulenspiegel, die Unterhaltungszeitschrift Das Magazin, die Ratgeberzeitschrift Guter Rat, die Publikumszeitschrift Wohnen im Grünen und das Modeblatt Sibylle.
Die Kultur im Heim gab viele Einrichtungs- und Dekorationstipps, stellte Neuheiten der Möbelindustrie vor und vermittelte Ideen zur heimischen Freizeitgestaltung. In den 1960er und 1970er Jahren füllten überwiegend die modernen Möbelprogramme den Inhalt des Blattes. Während der Trend zur Selbstgestaltung in den 1980er Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der Zeitschrift wurde. In Leserbriefen gab es Kritik an der mangelnden Verfügbarkeit der vorgestellten Möbelprogramme. Die Zeitschrift blieb meistens eine befriedigende Antwort schuldig.
Das Magazin diente als Mittler zwischen professionellen Designern und ostdeutschen Konsumenten. Alle Artikel basierten auf Recherchen von Soziologen, Philosophen und Designern über die Beziehung von Sozialismus, Ästhetik und Geschmack. Mit dem Jahr 1989, dem Jahr der politischen Wende in der DDR, endete die Herausgabe der beliebten Zeitschrift.
Tapetenmuseum des Ostens
Während sich das bekannte Tapetenmuseum in Kassel im westlichen Teil Deutschlands befand, besaß Schloss Weesenstein den Ruf als „Tapetenmuseum des Ostens“.
Für Schloss Weesenstein war damit die Möglichkeit verbunden, von einem Heimatmuseum in der Provinz in die Kategorie eines Kunstmuseums aufzurücken.
Noch heute kann man hier zahlreiche historische Tapeten betrachten… und sich Anregungen für das Tapezieren zu Hause holen.
Noch mehr Hintergründe zu den Hühnern & Hähnen der "Vogeltapete" gibt es unter Meet & Piep: Da lachen ja die Hühner!
Museologin Dr. Birgit Finger freut sich, dass sie die Ausgabe der „Kultur im Heim“ mit den Weesensteiner Tapeten antiquarisch erwerben konnte. Trotz Tapezier-Tipps wird es im Schloss aber keinen Tapetenwechsel geben.